Corpus Ater
Oedt: Das klingt nicht nur so, das ist Suburbia pur. Kleine Einfamilienhäuser, Zaun an Zaun, die meisten selbst gebaut, in den 50er, 60er oder 70er-Jahren. Unter einem der ortstypischen Satteldächer kam einst der Bauherr zur Welt – als letzte Hausgeburt von Oedt. Als er nun vor der Wahl stand, sein Elternhaus zu übernehmen oder dem altbackenen Stadtteil von Traun den Rücken zu kehren und seinen Wohntraum lieber auf der grünen Wiese zu verwirklichen, entschied sich der Oberösterreicher für die nachhaltigere, visionärere, jedoch ungleich anspruchsvollere Variante: Er blieb – und erweckte dank der einfühlsamen Planung von WAAX Architekten das alte Gemäuer zu neuem Leben.
Tradition modern interpretiert
Das Architektenduo Simon und Gregor Wakolbinger hat den Bestandsbau behutsam saniert und um einen Neubau erweitert. Den Ratschlag der Baubehörde, doch einen „modernen Flachdach- Bau“ zu errichten, haben sie getrost in den Wind geschlagen. Modern ist das Gebäude trotzdem geworden, und zwar gerade weil es auf die archetypischen örtlichen Hausformen zurückgreift, sie neu interpretiert und ins Heute transferiert: Ein Satteldach hat auch der neue Baukörper – er wurde aber gedreht, abgerückt und mit einem Verbindungsbau an den Altbestand angeschlossen. Dahinter verbarg sich die Idee einer Entflechtung und Neuorganisation der Funktionen und inneren Abläufe im Wohngebäude: Die private „Morgen-Zone“ mit Schlafzimmer, Bad und Ankleide (die alternativ auch als Gästezimmer dienen kann) beherbergt der Altbau, im Neubau wurde hingegen eine repräsentative „Tag-Zone“ fürs Kochen, Essen und Wohnen geschaffen. Den Zubau haben die Planer noch um eine Garage an der Grundstücksgrenze erweitert – so umschließt das Gebäudeensemble nun einen kleinen, privaten Innenhof.
Schwarze Charakter-Fassade
Den Blick auf diesen Garten erhascht allerdings nur derjenige, der vom Gastgeber ins Gebäude gebeten wird, denn zur Straßenseite bildet der Neubau eine hermetisch abgeschlossene Front, einen schlichten Köper in edlem Schwarz. „Corpus Ater“ nennen WAAX Architekten ihr Projekt deshalb sehr treffend, oder mit einem Augenzwinkern „Schwarzbau“. Denn die schwarze Farbe der Fichtenholz-Fassade ist ein entscheidendes Merkmal des Hauses. „Als wir für den Holz-Riegel-Bau eine naheliegende Holz-Fassade vorschlugen, war der Bauherr erst skeptisch“, erzählt Simon Wakolbinger. „Das wird so schnell >schiach<“, war die Befürchtung. Deshalb brachten die Architekten eine Vorvergrauungs-Variante ins Spiel – die silbernen und grauen Töne kamen aber nicht besonders gut an. „Doch der ADLER-Architektenbetreuer Manfred Höfurthner hat uns dann zwei wunderschöne dunkle Muster gebracht, die sofort auf Begeisterung stießen“, freut sich Wakolbinger.
Zukunftsvision statt Zersiedelung
Die Wahl fiel schließlich auf Lignovit Platin im Farbton RAL 7021. Eine Dose davon mussten die Architekten sogar nach Deutschland schicken, damit auch die Garagentor-Firma das Rundumtor im selben Farbton streichen konnte. Mit umwerfendem Erfolg: „Die dunkle Beschichtung sieht auf den senkrecht montierten Fichtenlatten wunderschön aus und wirkt je nach Blickwinkel und Lichteinfall ganz unterschiedlich“, freuen sich nun Architekten und Bauherr. Als wäre ein UFO gelandet, zwischen all den biederen Einfamilienhäusern. Und auch wenn das Haus manch einem noch als „Alien“ erscheint, so weist es doch den richtigen Weg in Sachen suburbaner Nachverdichtung: Zurück in die Zukunft!
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