Großer Klang für die Kleinstadt
Die baden-württembergische Kleinstadt Weikersheim ist eine heimliche Hauptstadt der klassischen Musik: Hier hat die Nachwuchs-Schmiede Jeunesses Musicales ihren Deutschland-Sitz und veranstaltet im Renaissance-Schloss Workshops, Probentage und Wettbewerbe. Seit Kurzem besitzt die Musikstadt noch ein zweites Wahrzeichen: Die TauberPhilharmonie, ein spektakuläres Konzertund Veranstaltungszentrum vor den Toren der Altstadt.
Den schönsten Blick über Weikersheim, so heißt es, genießt man vom Wartturm oberhalb der Stadt. Von hier schweift der Blick über das idyllische Taubertal mit seinen Weinbergen und Feldern, über die historischen Bauwerke zwischen den mittelalterlichen Stadtmauern – und bleibt schließlich an einem imposanten Bauwerk hängen, das man hier im fränkischen Kleinstadtidyll nicht erwarten würde: Wie eine moderne Skulptur aus dunklem Holz und Glas erhebt sich die TauberPhilharmonie am Flussufer gegenüber des Schlosses – ein Konzert- und Veranstaltungshaus, das man eher in München oder Stuttgart erwarten würde als hier im ländlichen Baden-Württemberg. Mit diesem Neubau, der an die Stelle der ehemaligen Stadthalle getreten ist, schließt Weikersheim an seine langjährige Tradition als Zentrum der klassischen Musik an und schafft gleichzeitig einen Ort der kulturellen Begegnung in jeder Ausprägung. Denn in der Philharmonie finden nicht nur Konzerte von Künstlern mit internationalem Rang statt, sie ist auch Bühne für die lokale Kunst- und Kulturszene, für Ausstellungen, Kongresse und Veranstaltungen jeder Art. „In diesem Haus steht der verbindende Charakter von Kultur im Mittelpunkt. Es ist ein Haus für alle“, sagt Johannes Mnich, der Intendant der TauberPhilharmonie.
Solitär am Stadteingang
Ein multifunktionales Veranstaltungszentrum: So lautete dementsprechend auch die Aufgabenstellung beim Architektenwettbewerb, den die Stadt Weikersheim 2012 ausschrieb. Das Siegerprojekt stammte vom internationalen Architekturbüro HENN, das ein „Kultur- und Veranstaltungshaus als Solitär am Stadteingang“ konzipiert hat, das „mit seiner skulpturalen Gebäudeform besticht und einen markanten Auftakt definiert“ (Jurybegründung). Das Gebäude besteht aus zwei ineinander geschobenen Baukörpern, die gemeinsam ein unregelmäßiges Fünfeck bilden. Der größere und höhere Teil des Gebäudes beherbergt den großen Konzertsaal mit 600 Plätzen, im kleineren Teil befindet sich ein multifunktional nutzbarer und flexibel teilbarer Saal mit 200 Plätzen. An der Schnittkante beider Baukörper liegt der Haupteingang, der sich mit einer großzügigen Glasfront zum Vorplatz öffnet und den Blick in beide Richtungen freigibt: In das Gebäude, das wie ein modernes Stadttor den Zugang nach Weikersheim vermittelt, und aus dem Gebäude heraus und über den Fluss hinweg auf das gegenüberliegende Renaissance-Schloss.
Klingendes, schwingendes Holz
Ob Geige oder Kontrabass, ob Klarinette, Pauke oder Vibraphon: Klassische Musik ist ohne Holz, das zum Schwingen und Klingen gebracht wird, nicht denkbar. Den musikalischen Stellenwert dieses natürlichen Werkstoffs hat das Team von HENN in der Architektur der TauberPhilharmonie aufgegriffen: Das Konzerthaus wurde vollständig in Holzbauweise errichtet, lediglich tragende Elemente wurden aus Stahlbeton gefertigt. In den Konzertsälen sorgen konvex gekrümmte Wandpaneele für perfekte Akustik und einen harmonischen Klang. Holz prägt auch die Außenansicht: Senkrechte Lamellen aus heimischer Weißtanne und eine Brettverschalung aus nordischer Fichte verleihen dem Bau seine skulpturale Anmutung, die hinter der Fassade zurückversetzten Fenster geben ihm zusätzliche Tiefe. Vor der Montage der Fassade durch das Unternehmen Holzbau Dresden wurden die Profile im Werk des Massivholz-Experten Häußermann gehobelt und anschließend mit einer Hobelfräse aufgeraut, um den Effekt einer sägerauen Oberfläche zu erzielen. Danach wurde das Holz zweimal mit ADLER Lignovit Platin in dunklem Onyxschwarz beschichtet. Die hochwertige wasserbasierte Lasur verleiht der Fassade einen gleichmäßigen, eleganten Farbton, der die natürliche Vergrauung des Holzes vorwegnimmt. Metallisch schimmernde Effektpigmente, die durch die raue Oberfläche besonders gut zur Geltung kommen, vollenden das charakteristische Erscheinungsbild des Gebäudes: „wie ein dunkles, an der Tauber gelandetes Ufo“, das abends, wenn die zurückversetzten Fenster von innen hell erleuchtet sind, „magisch zu strahlen beginnt“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung).
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