Alpine Architektur
200 Tonnen Holz in der Hütte
3,5 Stunden Gehzeit durch alpines Gelände; eine mit Drahtseilen versicherte Felsstufe, enge Serpentinen – das ist der Anstieg zum Waltenbergerhaus im Allgäuer Hauptkamm. Materialseilbahn gibt es keine. Als vor 140 Jahren die erste Schutzhütte unter der Mädelegabel errichtet wurde, musste jeder Balken mühevoll hinaufgetragen werden.
Heute, beim Neubau des Hauses, ersetzten Hubschrauberflüge die Muskelkraft. Diese allerdings sind nur bei günstigen Wetterverhältnissen möglich, außerdem bedarf es genauester Planung, wann welches in der Zimmerei vorgefertigte Bauteil angeliefert wird, denn eine Lagerung im steilen Gelände ist nicht möglich. Pro Flug schafft der Hubschrauber 900 Kilo, und allein im Rohbau der Hütte stecken fast 190 Tonnen Holz. Dazu kommen die Fassadenschindeln sowie Fenster und Türen; 45 Lärchenfenster und sieben Eichentüren vom Fensterbaubetrieb Strobel aus Kirchdorf, um genau zu sein.
Da die Hütte im Winter geschlossen ist, war für die Bauherren nicht die Wärmedämmleistung die wichtigste Anforderung an die Fenster, sondern Natürlichkeit. „Wir wurden ausgewählt, weil wir die Kanteln selber herstellen und extrem schlanke Ansichten im Holzfenster liefern können“, sagt Johann Strobel jun. Wegen der Natürlichkeit hat der Geschäftsführer die Fenster und Türen auch mit Aquawood Lärchenöl vom Tiroler Hersteller ADLER beschichtet. „Das Öl ist sehr strapazierfähig und das Einzige, was bei dieser Witterung funktioniert“, sagt Johann Strobel jun. Eine Dickschichtlasur würde bei der hohen UV-, Regen- und Schneebelastung schnell an ihre Grenzen stoßen, reißen und abblättern. Das passiert bei geölten Fenstern nicht, zumal sie sich schnell und ohne großen Aufwand nachpflegen lassen.
Nur innen, in den Nassräumen wie Dusche und Küche, wurde noch mit ADLER Aquawood Protect überlackiert. Einige der Konstruktionen musste der Fensterbauer sogar extra für die Berghütte entwickeln: die Fensterfutter mit angeschlagenen Fensterläden beispielsweise oder die sturmsichere Befestigung der Fensterläden – Besonderheiten des alpinen Bauens, genau wie die logistischen Herausforderungen, die bei der Montage zu bewältigen waren.
„Nichts annähernd Normales“
Ein Herzensprojekt war das Waltenbergerhaus auch für den Architekten Peter Fischer. Sein Vater war schon Hirtenjunge in der Gegend und die „sensationelle Topographie“ des Standorts hat all seine architektonischen Sinne geweckt. Seine Planungsarbeit war „ein unermüdliches Lesen der vorhandenen Landschaft“, erzählt er. „Mein Ziel war es, ein Gebäude zu planen, als wäre ein Himmelskörper vom Himmel gefallen und dort zum Liegen gekommen. Ich wollte ihm eine Seele geben.“ Beides ist Fischer gelungen.
Die gerundete Lärchenfassade blickt wie ein organischer Bestandteil der Alpenlandschaft ins Tal. Bis es allerdings soweit war und der Entwurf zum fertigen Gebäude wurde, gab es für den Architekten eine Reihe von Herausforderungen – genauer gesagt: es gab „eigentlich nur Herausforderungen“: Hubschrauberflüge, Energie für den Bau, eingeschneite Bagger, unerwarteter Frost, Arbeiter, die nach Feierabend auf über 2000 Meter Seehöhe ausharren mussten. „Da ist es das Wichtigste, die richtigen Partner zu finden und wirklich haben die ausführenden Firmen überdurchschnittliche und selbstlose Leistungen gebracht“, bedankt sich Peter Fischer. So haben es Architekt, Fensterbauer Strobel und viele andere geschafft, den Bergsteigern in den Allgäuer Alpen wieder eine Hütte zu schenken, die den Bedingungen und der Seele der hochalpinen Landschaft entspricht.
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