„Wasserlacke sind die Zukunft!“
Wasserlacke sind emissionsarm und umweltfreundlich, das ist bekannt. Aber können sie auch in puncto Oberflächenqualität und Verarbeitung mit Lösemittel-Produkten mithalten? Ein Blick auf moderne Wasserlack-Systeme zeigt: Ja, sie können – und sind in manchen Bereichen sogar überlegen. Reinhard Huber, gelernter Tischler und Anwendungstechniker beim österreichischen Lackhersteller ADLER, gibt einen Überblick.
02.05.2023
Lange Tradition
Wasserlacke sind keine neue Technologie – bereits vor mehr als 70 Jahren wurden die ersten wasserbasierten Beschichtungen entwickelt. Doch erst mit dem steigenden Bewusstsein für die umweltschädlichen Auswirkungen von Lösemittelemissionen erlebten Wasserlacke einen Aufschwung. Seit die 2004 erlassene Decopaint-Richtlinie die Lösemittelemissionen einschränkt, haben die meisten industriellen Verarbeiter auf wasserbasierte Systeme umgestellt. Anders sieht es dagegen im Tischler- und Schreinergewerbe aus – hier dominieren nach wie vor lösemittelbasierte Produkte. Während die Betriebe bei CNC-Fräsen und anderen Holzbearbeitungs-Maschinen häufig auf modernste Technologien setzen, bleibt man im Oberflächen-Bereich gerne beim Bewährten. Warum eigentlich? Das liegt wohl nicht zuletzt daran, dass manche Verarbeiter vor vielen Jahren schlechte Erfahrungen mit Wasserlacken gemacht haben – und übersehen, wie enorm stark sich die Produkte seither weiterentwickelt haben.
Moderne Systeme
Wasserlacke sind weniger widerstandsfähig, haben Mängel bei Vergilbung und Brillanz, und schwierig zu verarbeiten ist das obendrein – nur eine Auswahl der gängigen Vorurteile. In früheren Jahren auch nicht ganz unberechtigt: Die ersten Generationen von Wasserlacken litten tatsächlich unter ihrer mangelnden Creme- und Fettbeständigkeit, die dazu führte, dass lackierte Flächen nach häufiger Berührung aufweichten – etwa die Armlehnen von Stühlen, Tischplatten oder Türen. Mittlerweile gehört dieses Problem aber längst der Vergangenheit an: Mit den heutigen Rohstoffen und der entsprechenden Erfahrung in der Lack-Entwicklung lässt sich die Oberflächenbeständigkeit von Wasserlacken gleich gut einstellen wie bei Lösemittel-Produkten – von der leicht nachgebenden Softtouch-Oberfläche wie z.B. bei Bluefin Pigmosoft von ADLER bis zu maximaler Widerstandsfähigkeit von Bluefin Resist, der bei 1K-Verarbeitung eine 1B-Beständigkeit erreicht. A propos 1K: Während lösemittelbasierte Lacke stets zweikomponentig verarbeitet werden, stehen bei den meisten Wasserlacken beide Optionen offen. Und während die Topfzeit von lösemittelbasierten 2K-Lacken oft auf wenige Stunden beschränkt ist, erleichtert der neu entwickelte Aqua-Crosslinker die 2K-Verarbeitung vieler Wasserlacke aus dem ADLER-Sortiment deutlich: Der isocyanatfreie Vernetzer ermöglicht eine Topfzeit von 3 Tagen, die bei Bedarf um weitere 3 Tage verlängert werden kann. Der Vorteil: Man muss nicht mehr die benötigte Menge für einen Lackiervorgang genau ausrechnen und den Lack immer wieder neu anrühren, sondern kann den Lack-Bedarf für mehrere Tage unter einmal vorbereiten – und auch die Menge übriggebliebenen Lacks wird reduziert.
Verarbeitung? Easy!
Generell sind moderne Wasserlacke deutlich anwenderfreundlicher, als man ihnen nachsagt. Bei vielen Wasserlacken verläuft die Trocknung etwas langsamer – was nicht nur ein Nachteil ist, denn während deckend lackierte Flächen mit einem Lösemittellack innerhalb von 24 Stunden überlackiert werden müssen, bleibt dafür bei Wasserlacken ein deutlich längeres Zeitfenster. Drängt die Zeit, bietet sich der neue Universal-Möbellack Bluefin Unistar von ADLER an: er ist bereits nach ein bis zwei Stunden schleifbar und blockfest nach Trocknung über Nacht. Wichtig sind dabei nur die richtigen Umgebungsbedingungen. Ideal ist ein klimatisierter Trockenraum mit regulierter Luftfeuchtigkeit, in dem die Luft in Bewegung ist. Auch beim Lackieren selbst gilt es die Besonderheiten von Wasserlacken zu beachten: Da sich die Holzfasern stärker aufstellen, muss die Oberfläche gründlich vorbehandelt, geschliffen und gegebenenfalls die Poren ausgebürstet werden. Ein Zwischenschliff nach dem ersten Lackauftrag sorgt dann dafür, dass die aufstehenden Fasern gekappt werden. Für den Lackauftrag selbst braucht es natürlich Geräte, die für wasserbasierte Produkte geeignet sind – die gängigen Spritz-Anlagen bestehen heute allerdings ohnehin aus Edelstahl und machen diesbezüglich keine Probleme. Dass die Spritzdüsen für den jeweiligen Lack geeignet sein müssen, versteht sich von selbst – Vorzerstäuberdüsen für Wasserlacke erzeugen sogar einen noch etwas feineren Lackfilm als die Standarddüsen für Lösemittellacke. Eine weitere Besonderheit von wasserbasierten Möbellacken ist ihre eigenschränkte Verträglichkeit bei inhaltsstoffreichen Hölzern – werden die Holzinhaltsstoffe durch Wasser gelöst, kann es zu unschönen Verfärbungen können. Doch auch hier gibt es Verbesserungen: Der neue Allround-Lack Bluefin Unistar kann direkt auf Eiche lackiert werden. Bei anderen Hölzern wie z.B. Lärche kommt man derzeit um eine Lösemittel-Grundierung noch nicht herum.
Alle Gestaltungsmöglichkeiten
Und wie sieht es mit der Oberfläche aus? Grundsätzlich unterscheiden sich die verschiedenen Kategorien von Lacken primär durch das verwendete Lösemittel – hier flüchtige Lösemittel, dort Wasser – und ähneln einander ansonsten sehr stark. Dementsprechend lässt sich jeder gängige Oberflächeneffekt mit beiden Produktgruppen erzielen – von stumpfmatt bis Hochglanz oder verschiedenen Spezialeffekten. Nach wie vor verfügen viele Klarlacke auf Wasserbasis nicht über die uneingeschränkte Brillanz von Lösemittel-Beschichtungen – was aber auch ein Vorteil sein kann: Die Oberfläche wirkt dadurch natürlicher, was dem aktuellen Trend entgegenkommt. Das gilt auch für die Anfeuerung: Generell feuern Lösemittel-Lacke das Holz stärker an, während Wasserlacke die natürliche Optik weitgehend erhalten. Ist eine starke Betonung von Poren und Jahresringen gewünscht, so lässt sich dieser Effekt aber auch durch speziell darauf abgestimmte Wasserlacke wie Bluefin Unistar von ADLER erzeugen. Dazu kann man auch noch weiter in die Trickkiste greifen: Die Lichtschutzkomponente Aquafix UV 100, die dem Lack beigegeben wird, erhöht nicht nur seine UV-Beständigkeit und verhindert ein Vergilben des Holzes, sondern feuert es auch noch stärker an.
Die Umwelt dankt
Moderne Wasserlacke weisen gegenüber Lösemittelprodukten also keine relevanten Nachteile mehr auf. Wo aber liegen ihre Vorteile? An erster Stelle natürlich in ihrer Umweltverträglichkeit: Während Lösemittellacke einen VOC-Gehalt von weit über 50% aufweisen, liegt er bei Wasserlacken meist deutlich unter 8%. Bluefin Unistar von ADLER, der erste mit dem österreichischen Umweltzeichen und dem Zertifikat „Cradle to Cradle“ ausgezeichnete Möbellack, weist sogar einen VOC-Gehalt unter 3% auf! Das entlastet nicht nur die Lösemittel-Bilanz, sondern schlägt sich auch in den Verarbeitungsbedingungen nieder: Kein unangenehmer Lösemittel-Geruch, die Brand- und Explosionsgefahr wird ebenso drastisch reduziert wie Gesundheitsrisiken im Umgang mit dem Lack. Auch in der Anlagenreinigung und Verdünnung – beides ganz einfach mit Wasser – oder in der Entsorgung von Filtern und Putzmaterialien sind Wasserlacke deutlich unkomplizierter, und durch die lange Topfzeit fallen deutlich weniger Lackreste an. Bei der Herstellung von Wasserlacken wird weitaus weniger Erdöl benötigt als bei Lösemittel-Produkten. Und schließlich bieten Wasserlacke eine einmalige Chance, sich gegenüber seinen Kunden optimal zu positionieren: Hochwertige Möbelstücke aus Holz stehen für Nachhaltigkeit, für ein angenehmes Raumklima ohne Schadstoffe – was liegt da näher, als auch in der Veredelung der Oberfläche auf umweltfreundliche Produkte zu setzen? Doch Wasserlacke haben noch einen weiteren, häufig übersehenen Vorteil: Sie sind kostengünstiger! Das mag auf den ersten Blick unlogisch erscheinen, denn der Liter-Preis liegt bei Wasserlacken meist etwas höher. Das gleicht der Wasserlack jedoch durch eine geringere Auftragsmenge sowie eine geringere Härter- bzw. Vernetzerzugabe aus. Verarbeitet man den Wasserlack im 1K-Verfahren – was für viele Anwendungsbereiche absolut ausreicht –, lassen sich die Kosten noch weiter reduzieren. So können mehr als 15% der Lackierkosten eingespart werden – Nebenkosten für Verdünner und Reinigungsmittel noch gar nicht eingerechnet!
Wasserlacke sind die Zukunft!
Alles in allem überwiegen bei Wasserlacken also heute schon die Vorteile – nicht nur für industrielle Verarbeiter, sondern auch für kleinere Gewerbebetriebe. Das wird sich in Zukunft nicht ändern, ganz im Gegenteil. Es genügt, die Treibstoffpreise von heute mit jenen vor 20 Jahren zu vergleichen, um zu wissen, dass die Kosten für alle erdölbasierten Produkte immer weiter steigen werden. Daneben ist auch davon auszugehen, dass die gesetzlichen Vorgaben in allen Umweltbereichen immer strenger werden – wer heute schon mit Wasserlacken arbeitet, muss sich keine großen Sorgen mehr darüber machen, was dem Gesetzgeber in Zukunft noch einfällt. Und auch die Kundennachfrage nach ökologischen Produkten wird weiter steigern – und jene Betriebe, die sich rechtzeitig darauf einstellen, werden zu den Gewinnern dieser Entwicklung zählen!
ADLER – In unseren Adern fließt Farbe
Mit rund 670 Mitarbeiter/-innen ist ADLER Österreichs führender Hersteller von Lacken, Farben und Holzschutzmitteln. 1934 von Johann Berghofer gegründet, wird das Familienunternehmen heute in der dritten Generation von Andrea Berghofer geführt. 22.000 Tonnen Lack verlassen jährlich das Schwazer Werk und gehen an Kunden in über 30 Ländern weltweit. ADLER hat Vertriebsgesellschaften in Deutschland, Italien, Polen, den Niederlanden, der Schweiz, Tschechien und der Slowakei; einziger Produktionsstandort ist die ADLER-Werk Lackfabrik in Schwaz / Tirol (A). Als eines der ersten Unternehmen seiner Branche ist ADLER seit 2018 zu 100% klimaneutral. Durch eine Vielzahl von Maßnahmen hat ADLER seinen ökologischen Fußabdruck auf ein Minimum reduziert. Unvermeidbare Restemissionen kompensiert ADLER durch anerkannte Klimaschutz-Zertifikate und trägt so zur Finanzierung neuer Klimaschutzprojekte bei.
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